Dreisprung-Europameister Max Heß ist „Eliteschüler des Sports“

Dreisprung-Europameister Max Heß ist „Eliteschüler des Sports“

Die "Eliteschüler des Sports 2017" sind Marlene Galandi (2. v.l.), Lou Massenberg (3. v.l.) und Tabea Alt (4. v. l.) mit DOSB-Vizepräsident Leistungssport Ole Bischof (l.) und Götz Bormann, Vorsitzender des Fachausschuss Kommunikation und Medien der Sparkassen-Finanzgruppe.
Fotos: DOSB/Kai-Uwe Wärner
Die "Eliteschüler des Sports 2017" sind Marlene Galandi (2. v.l.), Lou Massenberg (3. v.l.) und Tabea Alt (4. v. l.) mit DOSB-Vizepräsident Leistungssport Ole Bischof (l.) und Götz Bormann, Vorsitzender des Fachausschuss Kommunikation und Medien der Sparkassen-Finanzgruppe. Fotos: DOSB/Kai-Uwe Wärner

Drei Mitglieder der Deutschen Olympiamannschaft von Rio 2016 sind am heutigen Montag im Rahmen des DOSB-Neujahrsempfangs in Frankfurt am Main für ihre herausragenden schulischen und sportlichen Leistungen des vergangenen Jahres ausgezeichnet worden.

Leichtathlet Max Heß durfte sich über Platz eins freuen, Schwimmer Johannes Hintze über Platz zwei und Turnerin Pauline Tratz hat als Drittplatzierte die Auszeichnung „Eliteschüler/in des Sports 2016“ erhalten.

Bereits seit 2009 prämieren der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Sparkassen-Finanzgruppe jährlich die „Eliteschüler des Sports“. Zur Wahl standen dieses Jahr wieder 43 Eliteschüler des Sports – von denen sich drei besonders hervorgetan haben. Die Schüler zeichnen sich nicht nur durch ihre sportlichen Erfolge aus, sondern sie sind auch in schulischer Hinsicht Vorbilder. Mit Hilfe der Eliteschulen des Sports können sie Sport und Schule gut vereinen, die sportliche Karriere vorantreiben und eine gute schulische Ausbildung genießen. Mit der Auszeichnung sollen die jungen Sportler für ihre herausragenden Gesamtleistungen belohnt werden.

Ein echter Siegertyp ist der „Eliteschüler des Sports 2016“ auf Platz eins schon heute. Max Heß wurde mit nur 17 Jahren Dreisprung-Europameister in Amsterdam – er ist der jüngste Europameister der Geschichte. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio war er ebenso schon am Start und das wahrscheinlich nicht zum letzten Mal. Bei der Hallenweltmeisterschaft 2016 in Portland holte er Silber, und seit dem vergangenen Jahr darf er sich auch Deutscher Meister im Dreisprung nennen. „Ein wirklich beeindruckender, junger Mann, der seine ganze Karriere eigentlich ja noch vor sich hat. Mit so jungen Jahren schon solch große Erfolge zu feiern, ist wirklich bemerkenswert. Allein für sein erfolgreiches Jahr 2016 hat er die Auszeichnung als „Eliteschüler des Sports“ mehr als verdient“, sagt Carsten Claus, Vorsitzender des Vorstandes der Kreissparkasse Böblingen.

Auf Platz zwei kam der Schwimmer Johannes Hintze. Auch er startete 2016 bereits bei den Olympischen Spielen in Rio, und das mit 17 Jahren. Damit war er der jüngste deutsche Schwimmer in Rio. Johannes Hintze wurde zudem 2015 und 2016 Deutscher Vize-Meister über 400 Meter Lagen. Mit seinen zahlreichen Altersklassenrekorden zählt Hintze zu den perspektivreichsten Schwimmern in Deutschland. Die Eliteschule des Sports in Potsdam ermöglicht es ihm, den Fokus auf den Sport zu legen, ohne seine schulische Karriere zu vernachlässigen. „Wie wichtig die Unterstützung der Dualen Karriere ist, sieht man an diesen jungen Talenten sehr gut. Ohne eine Eliteschule des Sports könnten junge Sportler gar nicht solche Erfolge feiern. Es ist also immer wieder schön zu sehen, wie das Konzept seine Früchte trägt“, sagt Ole Bischof, DOSB-Vizepräsident Leistungssport und Judo-Olympiasieger 2008.

Auch die drittplatzierte „Eliteschülerin des Sports“, Pauline Tratz aus Karlsruhe, konnte in ihrem erfolgreichen Jahr 2016 überzeugen. Sie ist Deutsche Meisterin im Sprung und durfte dank ihrer starken Leistung bei der Deutschen Meisterschaft als Ersatzturnerin mit zu den Olympischen Spielen in Rio. „In ihr steckt noch großes Potenzial für die Zukunft – da bin ich mir sicher. Disziplin und Konstanz gehören zu den Tugenden einer Eliteschülerin, und Pauline vereint das“, lobt Ole Bischof die Drittplatzierte.

(Quelle: DOSB)

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Interviews

Copyright: DOSB/Chris Christes
Copyright: DOSB/Chris Christes

Der 20-jährige Max Heß hat 2016 erfolgreich sein Abitur abgeschlossen an der Eliteschule des Sports in Chemnitz und wurde auf Platz 1 der "Eliteschüler des Sports 2016" gewählt. Jetzt widmet er sich seinem Wirtschaftsingenieursstudium. Dem Sport bleibt er natürlich weiterhin treu und berichtet uns im Interview von seinen Zukunftsplänen.

2016 stand für Dich viel an. Leichtathletik-EM in Amsterdam, Olympische Spiele und Du hast Dein Abitur abgeschlossen. Wie hast Du das alles unter einen Hut bekommen?

Die Schule hatte einen großen Anteil dran gehabt, das alles unter einen Hut zu kriegen. Ich habe viel Zeit bekommen, meinen Sport zu machen und nebenbei noch mein Abitur zu schreiben. Meine Matheprüfung habe ich verlegt, um mich im Trainingslager für Rio vorzubereiten. Dafür bin ich meiner Schule sehr dankbar, dass sie mich da so unterstützt hat.

In Amsterdam hast Du Dich zum jüngsten Dreisprung-Europameister der Geschichte gesprungen. Hast Du dir Chancen ausgerechnet oder kam der Titel überraschend?

Mit einer kleinen Chance auf eine Medaille haben wir geliebäugelt. Als Zweiter der europäischen Bestenliste hat man natürlich schon eine realistische Chance vorne mitzuspringen. Zu meinem Glück ist Europas Bester in der Qualifikation leider ausgeschieden und so war der Weg schon fast frei.

Du hast dieses Jahr Dein Abitur erfolgreich abgeschlossen. Herzlichen Glückwunsch auch nochmal dazu! Wie sind Deine Pläne jetzt für die Zukunft?

Ich werde mich die nächsten Jahre mit meinem Studium beschäftigen und sehr intensiv dem Sport nachgehen. Ich werde versuchen wieder alles unter einen Hut zu kriegen. Beide Seiten nicht vernachlässigen, damit ich den Sport weiter erfolgreich betreiben kann.

Du wirst also in Chemnitz bleiben und dem Sport auch weiterhin treu sein?

Ja, auf jeden Fall. Ich wohne immer noch in Chemnitz wie seit 20 Jahren und werde der Uni dort treu bleiben und dem Sport sowieso.

Wenn das Studium also erstmal angelaufen ist, widmest Du Dich wie gehabt dem Sport. Welche sportlichen Ziele hast Du für die Zukunft geschmiedet?

In näherer Zukunft steht 2017 die Europameisterschaft in Belgrad an. Das ist ein großes Ziel in der Hallensaison. Ein bisschen weiter in die Zukunft geblickt, steht die Weltmeisterschaft in London im Olympiastadion an. Das wird eine kleine Revanche zu Rio. Weiter in die Zukunft geblickt, möchte ich natürlich nationale und internationale Spitze springen und nochmal bei den Olympischen Spielen auf dem Podest stehen oder sogar Olympiasieger werden.

Was ist die größte Herausforderung, wenn man im Sport und in der Schule, bzw. im Studium erfolgreich sein möchte?

Ich denke, man muss sehr gut organisiert sein, um alle Termine unter einen Hut zu bringen. Das betrifft nicht nur Vorlesungen, Übungen und den Sport, sondern auch Arzttermine, Physiotherapie. Am Wochenende kommen Wettkämpfe dazu und dann wird die Zeit zum Lernen knapp. Ich denke, wenn man sich da ganz gut selbst organisiert und alles im Blick hat, klappt das ganz gut.

Was bereitet dir neben deiner großen Leidenschaft Sport noch Freude in Deiner Freizeit?

In meiner Freizeit beschäftige ich mich auch so viel mit Sport. Ich versuche mich gern am Golfen, Go-Kart fahren, Fußball oder Basketball. Das spiele ich alles sehr gerne. Wenn ich abends doch mal paar Stunden Zeit finde, treffe ich mich gerne mit Freunden oder setze mich mal an meine Playstation und versuche da den Kopf frei zu kriegen.

Hast Du Dich manchmal nach ruhigeren Zeit gesehnt, in denen Du mehr Zeit für Hobbies und Freizeit mit Freunden hattest?

Man sieht das jetzt ganz gut an den Kommilitonen wie viel Freizeit die doch haben. Wenn ich Training habe, lernen sie gemeinsam oder unternehmen was zusammen. Man sagt dann immer: "Ich kann jetzt nicht mehr so lange mitkommen, ich muss am nächsten Tag früh ins Training." Natürlich sehnt man sich danach, eine schöne Zeit mit Freunden zu haben, aber ich habe auch meine Freunde im Sport und freue mich auch Zeit mit ihnen zu verbringen.

2016 standen für Dich die Olympischen Spiele in Rio auf dem Plan. Was war das für ein Gefühl für Dich, mit dabei sein zu dürfen?

Das war eine kleine Erfüllung eines jeden Sportlertraumes bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Mit dem Wettkampf an sich war ich jetzt nicht ganz so zufrieden, aber allein das Gefühl dabei zu sein, war für mich das Entscheidende. Das Jahr war so gut, da konnte ein Wettkampf das komplette Jahr auch nicht kaputt machen.

Die Leichtathletik ist ein sehr vielfältiger Sport. Wie hat sich für Dich herauskristallisiert, dass Du Dich auf den Dreisprung spezialisierst?

Am Anfang hat sich das bei mir auf Sprung generell spezialisiert. Ich habe ganz früher gerne Hochsprung gemacht. Ich bin dann in die Trainingsgruppe Sprung zu meinem Trainer Herr Marusch gekommen. Nach einem halben Jahr habe ich mich am Dreisprung probiert. Er meinte, versuche mal die Übung. Das war dann im Endeffekt Dreisprung und ich kannte die Disziplin noch gar nicht zu dem Zeitpunkt. Da bin ich ihm sehr dankbar, dass er mich in die Richtung geschubst hat.

Gibt es etwas, dass du anderen jungen Sportlern auf Eliteschulen des Sports mit auf den Weg geben möchtest?

Als allgemeiner Tipp: Immer an seine Ziele glauben, immer an sich selbst arbeiten, nie den Mut verlieren und neue Wege gehen!

Dankeschön, Eliteschüler des Sports Max Heß!

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Copyright: DOSB/Chris Christes
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Johannes Hintze besucht die 12. Klasse der Eliteschule in Potsdam. Seit 2011 kann er dank der kürzeren Wege im Internat zwischen Schule und Trainingsstätte seinen Fokus noch besser auf das Schwimmen legen. Im Interview spricht er über seine bisherigen Erfolge und die anstehende Zukunft.

Seit wann wusstest du, dass Wasser dein Element ist?

Das wusste ich schon sehr früh eigentlich. Mit vier Jahren habe ich angefangen im Verein zu schwimmen, obwohl man eigentlich erst mit sechs Jahren dort anfangen durfte. Dann haben sie mich vorschwimmen lassen und ich glaube, das war so der Punkt, wo ich gemerkt habe, dass Wasser mein Element ist.

Was macht dir daran am meisten Spaß?

Das ist immer schwer zu beantworten. In erster Linie im Wasser zu sein, das abdrücken, einfach schnell durchs Wasser zu gleiten. Aber natürlich das ganze Zusammensein im Team, Wettkämpfe und Trainingslager, die man zusammen erlebt. Das sind die Punkte, die am meisten Spaß machen.

Hast du neben dem Sport auch noch andere Hobbies?

Viel Zeit bleibt nicht mehr. Ich muss zur Schule gehen, Hausaufgaben erledigen, aber ich habe eine Zeit lang Klavier und Keyboard gespielt und natürlich mit Freunden was machen!

Wie gelingt es dir Schule, Sport und Hobbies unter einen Hut zu kriegen?

Ich habe eine Schule, die mich wirklich gut unterstützt. Wir haben ein additivies Abitur, das bedeutet, dass man die Schulzeit strecke kann. Des Weiteren kriegen wir Aufgaben mit ins Trainingslager und stehen im regelmäßigen Kontakt mit unseren Lehrern, sodass wir Sport ohne Grenzen und Einschränkungen ausüben können und trotzdem die Schule nicht vernachlässigen.

Warum hast du dich für ein Sportinternat entschieden?

Natürlich wegen des Sports. Ich will irgendwann Olympiasieger werden und das ist der einzige Weg, das so ausüben zu können.

Sehnst du dich manchmal nach der Zeit als du noch normal zur Schule gegangen bist und nachmittags wieder in deinem Elternhaus angekommen bist?

Diese Zeit gab es nie wirklich. Selbst zuhause bin ich direkt nach der Schule ins Training und war erst abends zuhause. Somit sehen ich mich danach nicht, denn ich kenn es ja gar nicht wirklich anders.

Welches Fach macht dir im Sportinternat am meisten Spaß?

Das habe ich nicht. Ich mache alles gleich gerne oder ungerne.

Bald steht für dich ja auch Dein Schulabschluss an. Hast Du schon Pläne, in welche Richtung du später gehen möchtest? Bleibst Du dem Sport treu oder hast Du ein ganz anderes Studium oder eine Ausbildung ins Auge gefasst?

Leider habe ich noch nichts. Ich überlege immer die ganze Zeit, aber da ich noch über zwei Jahre Zeit habe bis ich mit der Schule fertig bin, habe ich das noch nicht so streng gesehen. Ich mochte auf jeden Fall studieren, was weiß ich aber noch nicht.

Du hast Dich für die Olympischen Spiele 2016 in Rio qualifiziert und warst der jüngste deutsche Schwimmer. Erst einmal herzlichen Glückwunsch zu diesem Erfolg. Wie hat sich das für Dich angefühlt bei einer so großen Veranstaltung teilhaben zu dürfen?

Eines der tollsten Gefühle war die Quali zu schaffen. Wenn man dann wirklich den zweiten Teil der Quali geschafft hat und mit zur Einkleidung fahren durfte und die Sachen vorher erleben durfte, das waren schon mal die Sachen, die am größten waren. Aber dann natürlich die Veranstaltung an sich war unglaublich. Sowas habe ich noch nie erlebt! Die ganzen Sportler aus den verschiedenen Ländern, die im Oylmpischen Dorf zusammenleben, der Wettkampf an sich und all die Erlebnisse sind unglaublich.

Ende 2016 hast Du beim Christstollen-Schwimmfest in Dresden eine neue Bestmarke bei den 17-jährigen gesetzt und Deine ersten Olympischen Spiele hast Du schon gemeistert. Was sind Deine Ziele für das neue Jahr?

Auf jeden Fall die Weltmeisterschaft in Budapest.

Du rückst langsam immer mehr in die Öffentlichkeit durch deine herausragenden, sportlichen Erfolge. Hast du dadurch ein gesteigertes Medieninteresse? Wenn ja, wie gehst Du damit um?

Ich gehe damit relativ entspannt um. Etwas mehr ist es natürlich aber ich habe ein gutes Umfeld, die mich immer gut von allem fernhalten und das gut dosieren.

Danke schön, Eliteschüler des Sports Johannes Hintze!

Copyright: DOSB/Chris Christes
Copyright: DOSB/Chris Christes

Die 17-jährige Pauline Tratz geht in die 12. Klasse der Eliteschule des Sports in Karlsruhe. Sie wurde auf dem 3. Platz zur Eliteschülerin des Jahres 2016 ausgezeichnet und verrät uns im Interview, was nach ihrem Abitur noch für sie ansteht.

Wie bist du zum Turnen gekommen?

Ich hatte im Kindergarten eine Freundin, die geturnt hat. Ich war zu der Zeit in einer KISS (=Kindersportschule), in der man sich in vielen Disziplinen spielerisch ausprobieren kann. Bei ihr hatte ich beim Turnen ein paar Mal zugeschaut und das hat mir so gefallen, dass ich da unbedingt auch hin wollte. So kam ich zu meinem Heimatverein. Und kurze Zeit später hat man mich überredet, mich beim Stützpunkt KRK vorzustellen…und dann ging es los. 2x Training pro Woche, drei Monate später 3x Training pro Woche…und so steigerte sich das Pensum langsam.
Heute liegt mein Pensum bei ca. 22 Stunden pro Woche, neben der Schule im G8 Zug.

Was macht dir an dieser Sportart am meisten Spaß?

Eindeutig die Vielseitigkeit!!!  Vier Geräte und teilweise völlig unterschiedliche Anforderungen. Einseitig und langweilig wird das eigentlich nie. Hinzu kommt, man hat so viele Möglichkeiten hinzuzulernen…! Es gibt immer neue Ziele, neue Elemente, die man erreichen möchte. Und das Gefühl, wenn man hart gearbeitet hat und es dann tatsächlich gelingt ein weiteres Level zu erreichen und somit den Schwierigkeitsgrad einer Übung zu steigern,  ist schon toll und treibt einen weiter an.
Ein gutes Gefühl gibt mir auch unser Teamgefüge bei der KRK. Obwohl Turnen eigentlich eine Individualsportart ist, trainieren und arbeiten wir im Team. Und das nun schon seit über 10 Jahren. Wir wissen um unsere Stärken und Schwächen und nehmen uns an und schätzen uns sehr. Das ist wie Familie und man fühlt sich aufgehoben. Wir stützen uns gegenseitig.

Schule und Sport nimmt wahrscheinlich schon einen Großteil deiner Zeit ein. Bleibt Dir noch ein wenig Zeit für andere Hobbies? Und wenn ja, was machst Du gerne in Deiner Freizeit?

Freizeit ist wirklich das, was ich am wenigsten habe….Aber ich kenne es ja eigentlich gar nicht anders, deshalb macht es mir (meistens) nichts aus. Wenn dann mal ein bisschen Luft ist, finde ich es schön, mich auch einmal mit Leuten zu treffen, die nichts mit dem Turnen zu tun haben…auch wenn wir Turnmädels wirklich gut befreundet sind und auch in unserer freien Zeit viel gemeinsam machen. Der Freundeskreis außerhalb des Turnens hat oft andere Sichtweisen und andere „Gesetzmäßigkeiten“ . Ich merke, da nehme ich eine andere Rolle ein…das kann schon auch einmal guttun. Und ganz klar, gehe in meiner Freizeit mal gerne shoppen, probiere mich in anderen Sportarten aus und besuche nach wie vor gerne meine Großeltern, die leider nicht in meiner Nähe leben.

Wie gelingt es dir Schule, Sport und Hobbies unter einen Hut zu kriegen?

Das frage ich mich auch manchmal! Ist auch nicht immer so einfach, da ich durch die sportbedingten Fehlzeiten in der Schule auch immer noch viel nachzuholen habe und das G8 ist ja sowieso nicht ganz ohne. Aber das Otto-Hahn-Gymnasium hat viel Verständnis und hat mir Lehrer an die Seite gestellt, die mich unterstützen und individuell betreuen, um das Versäumte nachzuholen. Klar, muss man diszipliniert sein und strukturiert. Bei mir gibt es leider kein „nine to five“. Wenn Zeit der Klausuren ist, kann mein „Arbeitstag“ mit Schule, Training und Lernen schon einmal bis zu 15 Stunden dauern. Aber ich will es so. Ich weiß, dass ich etwas erreichen kann, wenn ich mich bemühe. Und da fällt es mir manchmal schwer, etwas lockerer zu sein…und so lerne ich eben, wenn es sein muss auch noch bis 1.00 Uhr nachts. Aber dann muss dafür am Wochenende irgendwas anstehen, wo ich mich dann mit den Freunden „austoben“ kann, als Ausgleich. Und jetzt ist es ja absehbar…Abi ist in diesem Frühjahr, das packe ich nun auch noch.

2016 duftest du als Ersatzturnerin mit nach Rio fahren. Was für ein Gefühl war das für Dich mit Deinen jungen 17 Jahren?

Ich habe mit dieser Nominierung gar nicht mehr gerechnet. Und im ersten Moment war es extrem emotional, da ich wusste, dass es sich zwischen meiner Freundin aus Karlsruhe und mir entscheiden würde…Ich fühlte mich so geehrt und hatte trotzdem auch Mitgefühl mit ihr, da es für sie eben die Absage bedeutete. Letztendlich war aber genau sie es, die mich stärkte und mir als erste persönlich gratulierte. Ab diesem Zeitpunkt war ich wirklich stolz, zumal mir das auch Viele nicht zugetraut hätten. Meine Trainerin, Tatjana Bachmayer, hat aber an mich geglaubt und etwas in mir gesehen, wofür ich sehr dankbar bin. In Rio selbst hatte ich schon ein wenig Sehnsucht …natürlich wäre ich gerne aktiv dabei gewesen. Denn als Ersatzturnerin durfte ich nicht im olympischen Dorf wohnen und durfte auch nicht bei den Wettkämpfen bei meinem Team sein. Aber dennoch war es eine unglaubliche Erfahrung, diesen Spirit im olympischen Dorf zu spüren, das Deutsche Haus zu besuchen und andere Wettkämpfe besuchen zu können. Wirklich bewusst wurde mir das alles erst, als ich wieder Zuhause war. Ich habe Tagebuch geführt, um ja nichts zu vergessen.

Hast Du eigentlich Vorbilder? Und was macht für Dich Erfolg aus oder eine erfolgreiche Persönlichkeit?

Turnerisch bewundere ich natürlich die ein oder andere Athletin aufgrund ihrer Elemente und ihrer sicheren Ausführung, aber wichtig finde ich, dass jeder durch seine eigene Möglichkeiten und dem eigenen Stil seine turnerische Möglichkeiten ausschöpfen sollte. Ich möchte nicht versuchen eine tolle Turnerin zu kopieren oder ihr nach zu eifern, das wäre dann nicht ich .Allgemein gesehen, sind für mich Menschen Vorbilder, die mit sich im Reinen sind. Die ihren Weg gehen, egal ob dieser erfolgs- bzw. leistungsorientiert ist oder einfach zur Verwirklichung ihrer Träume beiträgt. Wichtig ist, dass man versucht in kleinen Schritten seinen Zielen näher zu kommen und authentisch zu bleiben.

Der Besuch einer Eliteschule des Sports bringt sicherlich viel Disziplin mit sich und Verzicht auf Dinge, die andere Jugendliche in Deinem Alter machen können. Wie gehst Du damit um, mehr Zeit in Sport zu investieren als beispielsweise Deine Freunde?

Ich habe das Glück, dass ich über meinen Sport wirklich auch viele gute Freundinnen gefunden habe. Und geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid. Klar, wenn man freitags zu einer Party eingeladen ist, dann gehört man eben zu den ersten, die gehen, da samstags 9.00 Uhr Training ansteht. Zugegebenermaßen ist das nicht immer schön, aber da wächst man rein. Hier und da verpasst man auch eine schulische Exkursion, ein Landschulheim, da es mit dem Trainingsplan nicht wirklich zu vereinbaren ist. Da bin ich schon ein wenig traurig, andererseits gibt mir das Turnen so viel und ich kann auf anderer Ebene auf so viele einzigartige Erlebnisse zurückschauen. Und ehrlich gesagt bin ich ja noch so jung, dass ich bestimmt auch mit meinen Freunden außerhalb des Turnens künftig noch so einiges erleben kann.

Welches Fach macht Dir in Deiner Schule am meisten Spaß?

Wenn ich ehrlich bin, hängt das auch immer ein bisschen vom Lehrer ab…..Aber klar, Sport gehört zu meinen Favoriten.

Deine Turn-Karriere wirst Du vorerst in Deutschland beenden. Ab 2017 startest Du im Team der Universität Los Angeles. Wie bist Du auf die Idee gekommen nach Amerika zu gehen? Was sind Deine Pläne für L.A.?

Eine Freundin aus unserem Bundesliga-Team ging vor 5 Jahren diesen Schritt und zog nach Alaska. Mit ihr stehe ich immer im regen Austausch und das System in den USA machte mich neugierig. Dann erhielt auch eine gute Freundin aus der Nationalmannschaft, Antonia Alicke, ein Angebot aus Chicago. Nun war ich infiziert und ging in den Bewerbungsprozess und schrieb Universitäten in den USA an, die mich aufgrund ihrer Turnteams und der möglichen Studiengänge reizten. Es war nicht ganz einfach und recht langwierig, aber es hat sich gelohnt. Ich finde es einfach toll, seine Leidenschaft mit einer hervorragenden Ausbildung kombinieren zu können. Durch das Stipendium ist man sozusagen rundum versorgt. Ich freue mich darauf, dass ich dort keiner Randsportart mehr angehöre, wie man Turnen trotz der internationalen Erfolge in Deutschland noch bezeichnen muss, sondern einer angesehenen Collegemannschaft, die bei jedem Wettkampf vor 4000 Zuschauern turnt. Ich denke, es ist mit den hiesigen Strukturen einfach nicht zu vergleichen. Es wird spannend.
Mein Ziel ist es, mich in das Team der „Bruins“ der UCLA zu integrieren, mir meinen Platz zu erkämpfen und ganz viele Eindrücke mitzunehmen. Ich möchte Spaß haben, neue Sichtweisen kennenlernen und auch schauen, wie ich alleine mit neuen Gegebenheiten zurechtkomme.

Gibt es dennoch die Möglichkeit für Dich weiter im deutschen Team zu turnen?

Natürlich wird der Trainingsaufbau ein anderer sein wie hier. Aber ich habe mich selbstverständlich mit der Bundestrainerin, Frau Koch,  abgesprochen. Meine Stärken sind ja Sprung und Boden. An diesen Geräten ist es natürlich durchaus möglich in den USA noch etwas dazulernen, keine Frage. Natürlich würde es mich sehr freuen, wenn ich weiterhin für internationale Einsätze nominiert würde. Das ist und bleibt etwas, was mich stolz macht.

Danke schön, Eliteschülerin des Sports Pauline Tratz!

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